Als die Tierärztin die Haustür hinter sich zugezogen hatte, war ich wieder alleine mit Mucki. Meinem Mucki, dessen Kämpferherz nach mehr als 16 gemeinsamen Jahren gerade seinen letzte Schlag getan hatte. Ich wollte, dass es in diesem Moment nur ihn und mich gab. Es war unsere letzte gemeinsame Zeit. Mit dem Krematorium hatte ich ausgemacht, dass ich ihn abends selbst vorbeibringen würde, denn ich wollte mich zu Hause in aller Ruhe von ihm verabschieden. Das tat ich nicht nur, weil mein Herz danach verlangte, sondern auch weil ich wusste, wie wichtig dieser Abschied für meine Trauer sein würde – und so rate ich auch allen Menschen, sich Zeit zum Verabschieden von ihrem geliebten Tier zu nehmen.
Eine Abschiedszeremonie spielt eine zentrale Rolle im Trauerprozess, weil sie uns die Möglichkeit gibt, unsere Gefühle auszudrücken und dabei unterstützt, den Verlust zu realisieren.
Darüber hinaus haben es unsere Lieblinge verdient, dass wir die Bedeutung, die sie in unserem Leben hatten, würdigen. Es ist ein Ausdruck der Liebe, der nicht nur unserem Seelentier, sondern auch uns selbst gegenüber Respekt zeigt.
Warum der Abschied in der Trauer um ein geliebtes Tier so wichtig ist
In der Trauerforschung gilt der Abschied als zentrales Element der Trauerarbeit. Der Moment des Abschieds – sei es durch eine kleine Zeremomie, ein letztes Streicheln oder ein paar liebevolle gesprochen Worte – hilft dem Herzen und dem Verstand, den Verlust zu begreifen.
Diese symbolischen Handlungen sind sehr bedeutsam, denn sie helfen, dem Unfassbaren einen Rahmen zu geben sowie den Tod zu realisieren und zu akzeptieren.
Wenn der Abschied vom geliebten Tier fehlt: Warum das Trauern dann schwerer fällt
Was aber, wenn dieser Abschied nicht möglich war?
Dann bleibt oft etwas Unvollendetes in uns zurück. Das Herz und auch der Verstand suchen weiter nach einem Schlusspunkt des gemeinsamen Weges hier auf Erden, den es nicht gibt. Diese offene Wunde kann die Trauer auf mehreren Ebenen erschweren, denn sie hält uns in der Vergangenheit fest. Gerade wenn das geliebte Tier plötzlich verschwunden ist, zieht das die meisten Menschen in einen Strudel aus Fragen, auf die es wohl nie eine Antwort gibt.
Darum war es mir letzte Woche auch so wichtig, die Besitzer der kleinen schwarzen Katze zu finden, die ich überfahren auf der Straße gefunden habe.
Vielleicht hast du das Posting dazu schon gesehen, dann kannst du hier weiterscrollen. Wenn nicht, dann kannst du hier nachlesen, was am 2. Mai geschehen ist:
Heute hat gerade mal ein paar Minuten vor mir jemand eine kleine schwarze Katze 🐈⬛ überfahren und sie liegen gelassen.
Ich konnte nichts mehr tun, als sie auf die Seite zu legen und einen Post in einer dementsprechenden Gruppe hier zu machen.
Als ich 7 Stunden später zurückfuhr, lag sie immer noch da.
Also klingelte ich bei allen Häusern der Gegend, doch niemand kannte sie oder ihn.
Also bin ich mit der kleinen Katze zum nächsten Tierarzt, um zu schauen, ob sie einen Chip hat – wie vermutet nicht.
Sie wollten sie dann gleich „entsorgen“.
Aber das wollte ich nicht, und so liegt sie jetzt bei mir im Garten begraben. Ich hab ihr einen weißen Rhododendron namens Innocencè gepflanzt und ihr auch diesen Namen gegeben, denn ja sie war eine kleine, unschuldige Katze. 🐈⬛ 🤍
Schlaf gut, Kleines und komm gut oben an. ⭐️
(Das heutige Blogbild ist von meinem Abschied von Innocence)
Was bedeutet es nun aber für die Trauer, sich nicht – oder fürs eigene Gefühl „nicht gebührend“ verabschiedet zu haben?
Menschen, die vom geliebten Tier nicht Abschied nehmen konnten, verdrängen ihre Trauer öfter
Die Trauer wird zurückgehalten und unterdrückt, denn: was ist wenn, ich (vorschnell) trauere, aber das geliebte Tier doch noch lebt? Viele Menschen, deren Liebling einfach verschwunden ist, haben in dieser Situation, das Gefühl ihn mit ihrer Trauer zu verraten. Doch oft sucht sie sich andere Wege, eine Hintertür und zeigt sich dabei oft körperlich, etwa durch Ruhelosigkeit oder Schlafprobleme.
Warum? Der Körper bleibt im Alarmzustand weil der Abschied noch nicht in Herz & Verstand „angekommen“ ist.
Schuldgefühle sind bei einem Verlust ohne Abschied viel häufiger
Menschen, die sich – aus den unterschiedlichsten Gründen – nicht (ausreichend) verabschieden konnten, werden noch mehr als andere Trauernde von einem nagenden Gefühl, etwas versäumt oder versagt zu haben, gequält. Begleitet von einer Lawine an „Warum“-, „Was-wäre-wenn“- oder „Hätte ich“- Fragen.
Weil diese Gefühls- und Gedankenzustände bis hin zu depressiven Verstimmungen oder gar Depressionen führen können, habe ich ihnen in meinem Buch „Weil jede Trauer Liebe ist“ zwei besonders ausführliche Kapitel gewidmet. Du findest darin auch zahlreiche Tipps – unabhängig davon, ob du dich verabschieden konntest oder nicht.
Das Kopfkino spielt Horrorfilme in Endlosschleife
Wenn wir nicht wissen, was geschehen ist, beginnt unser Gehirn, sein eigenes Drehbuch zu schreiben – und das ist keines mit Happy End. Es quält die Menschen mit wiederkehrenden Bilder oder Szenen, was passiert sein könnte.
Diese innere Erleben, für das man in den seltensten Fällen einen Beweis findet, wiederholt sich unaufhörlich. Und weil unser Gehirn einer sogenannten „Negativity Bias“ unterliegt, beginnt es, immer wieder die schlimmstmöglichen Bilder entstehen zu lassen. Das liegt daran, dass unser Gehirn negative Möglichkeiten oft viel stärker gewichtet als positive. Das ist ein uralter Schutzmechanismus, der eigentlich unser Überleben sichern sollte, uns aber in solchen Momenten noch zusätzlich quält.
Menschen, die sich nicht von ihrem Tier verabschieden konnten, haben größere Schwierigkeit, sich auf Neues einzulassen
Sich ein neues Leben ohne Liebling vorzustellen und zu gestalten, ist für die meisten Trauernden eine große Herausforderung. Wer sich von seinem geliebten Tier nicht verabschieden konnte, tut sich in der Trauer aber oft besonders schwer.
Ich kann meine Zukunft nur gestalten, wenn ich den Blick nach vorne richte, was durch den fehlenden Abschluss deutlich schwieriger wird.
Auch wer dabei war, fühlt sich oft „nicht fertig“
Selbst wenn man beim Abschied physisch anwesend war, bleibt oft das Gefühl zurück, sich nicht richtig verabschiedet zu haben.
Das kann viele Gründe haben, wie etwa:
⏰ Die Zeit war zu knapp und du hast dich gehetzt gefühlt. Das passiert etwa oft, wenn die Entscheidung, den Liebling gehen zu lassen, sehr rasche getroffen werden musste oder die Mitarbeiter*innen von der Bestattung schon vor der Tür gestanden sind.
🤐 Worte, die dir wichtig gewesen wären, hast du deinem Seelentier nicht mehr gesagt, zum Beispiel aus Überforderung mit der Situation.
🫥 Du warst emotional wie betäubt und konntest nichts fühlen. Mir ging es zum Beispiel so in der Stunde bevor die Tierärztin kam und ich Mucki das Beruhigungsmittel gegeben habe. Im Nachhinein habe ich mir oft Vorwürfe gemacht, ihm nicht genug gesagt zu haben, wie sehr ich ihn liebe.
😞 Du hast das Gefühl, versagt zu haben
Doch es ist nie zu spät, diesen Abschied nachzuholen.
Die letzte Reise: Ein Abschiedsritual in der Natur
Wenn du spürst, dass etwas in dir noch offen geblieben ist, etwas, das gesagt, gefühlt oder gewürdigt werden möchte, dann kann dieses Ritual dir helfen, ein Stück mehr Frieden zu finden.
Mach dich auf den Weg an einen Ort, der dir wichtig ist oder den du mit deinem Liebling verbindest. Am besten ist, du gehst alleine, denn so kannst du alles in deinem Rhythmus machen. Optimal ist ein Ort in der Natur, der dir Stille schenkt.
Nimm drei kleine symbolische Gegenstände mit:
🪨 Stein für das Gewicht des Ungesagten, das auf deinem Herzen lastet
🌳 Zweig für das, was alles mit dem Tod deines Lieblings zerbrochen ist
📄 Stift und Papierstreifen als Symbol für all die wunderschönen Erinnerungen
Wenn du an deinem gewählten Platz in der Natur angekommen bist:
💓 Sprich mit deinem Seelentier, leise oder laut, ganz wie es sich gut anfühlt für dich. Worte können uns helfen, dort anzukommen, wo keine Sprache war. Wenn du spürst, dass in dir noch etwas gesagt werden möchte, nimm dir jetzt Zeit dafür..
🪨 Lege den Stein ab mit dem, was du ihm noch sagen möchtest und atme dabei drei Mal tief ein und aus.
🌳 Brich den Zweig, und steck ihn in die Erde als Zeichen für das, was zu Ende gegangen ist und woraus auch wieder Neues entstehen kann.
📝 Schreiben ein paar Worte der Liebe und Verbundenheit auf den oder die Papierstreifen und lies sie dann laut vor. Falte das Papier und nimm es mit. Wenn du magst, kannst du ein Elfchen kreieren, das geht ganz leicht:
1.Zeile – 1 Wort
2. Zeile – 2 Wörter
3. Zeile – 3 Wörter
4. Zeile – 4 Wörter
5. Zeile – 1 Wort
Zum Beispiel:
Abschied
leise Gedanken
getragen vom Wind
du bleibst bei mir
Liebe
Lass dein Herz sprechen.
Wenn du magst, trage deine Zeilen bei dir – als kleine Erinnungen und dem Versprechen: Du bleibst im Herzen für immer bei mir.
Diese kleine Reise ist kein Abschied von der Verbundenheit von deinem geliebten Tier, sie ist ein Abschied von dem, was dich mit Schmerz in der Vergangenheit festhält.
Alle Liebe 🫶
Claudia
PS.: In meinem Online-Programm „Pfotentrauerreise“ begleite ich dich 8 Wochen lang durch genau diese oft wortlose Tiefe der Trauer (inkl. 6 Gruppen-Live Calls im Zeitraum von 6 Monaten). Die „Pfotentrauerreise“ ist ein liebevoller und geschützter Raum für dich, dein geliebtes Tier und all das, was sich in deiner Trauer noch zeigen möchte.
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