Nach dem Tod eines geliebten Tieres bleibt oft nicht nur der Schmerz, sondern meist auch bestimmte Gedanken, die sich immer wieder aufdrängen:
„Hätte ich mehr tun sollen?“
„Warum tut es immer noch so weh?“
„Andere kommen damit doch besser klar.“
„Ich bekomme das Bild des letzten Tages nicht aus dem Kopf!“
„Warum schmerzen meine Erinnerungen so?
Obwohl es viele schöne Erinnerungen gibt, drängt sich oft einer dieser Sätze in den Vordergrund. Das bedeutet nicht, dass du irgendetwas falsch machst, sondern vielmehr, dass dein Gehirn so funktioniert, wie es soll.
Dein Gehirn will dich schützen
Wenn du trauerst, fühlt es sich im Kopf und im Herzen oft chaotisch an. Dein Gehirn versucht daher unablässig, dass du dich wieder sicher fühlst und es speichert das, was weh tut, fester ab als die schönen Momente. Das klingt paradox, ich weiß, aber das hat einen Grund:
Unser Gehirn merkt sich schlechte, schmerzhafte und traurige Erlebnisse viel intensiver als die guten, weil es vor allem Gefahren und Schmerzen vermeiden will. Deshalb geht dir vielleicht immer wieder der schlimmste Moment durch den Kopf. Dein Gehirn erinnert dich daran, um dir künftigen Schmerz ersparen zu wollen.
Das war schon bei unseren Vorfahren wichtig, damit sie in der Wildnis möglichst gut überleben konnten. Und auch heutzutage funktionieren wir noch so. Eines der bekanntesten Beispiele ist das kleine Kind, das auf die heiße Herdplatte greift. Das Gehirn speichert diesen Schmerz und das Kind wird es mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht noch einmal tun.
Du fühlst genau „richtig“
Viele denken sich in der intensivsten Zeit der Trauer oft: „Mit mir stimmt etwas nicht.“ Doch das Gegenteil ist wahr: Dein Gehirn reagiert auf den Verlust und will dich beschützen. Es hält an dem fest, was so wehgetan hat, weil es dich wieder in Sicherheit bringen möchte, so schwer das gerade auch ist.
Leider weiß unser Gehirn nicht, dass man sich vor Verlust nicht schützen kann – außer vielleicht, wenn man in eine einsame Hütte im Wald zieht und den Kontakt zu anderen Lebenwesen vermeidet. Weil unser Gehirn so funktioniert, höre und lese ich oft auch den Satz „Ich werde mir nie wieder ein Haustier holen.“ Denn ja, aus Sicht der Schmerzvermeidung unseres Gehirns ist das der einzige Weg, ihn nicht noch einmal durchleben zu müssen.
Aber ganz ehrlich: ich würde keine Sekunde meiner Zeit mit Mucki missen wollen, auch wenn es bedeutet hätte, diesen Schmerz nicht fühlen zu müssen. Und ja, ich weiß, dass ich sowohl bei Tier und Mensch noch öfter in meinem Leben durch den Schmerz gehen muss.
Aber ich weiß mittlerweile auch, wie ich meinem Gehirn – und damit mir – helfen kann, mit diesem Schmerz umzugehen, ihn zu verarbeiten und leichter zu machen.
Was du deinem Gehirn jetzt Gutes tun kannst
Die gute Nachricht: nicht nur ich kann das, auch du kannst deinem übervorsichtigen Gehirn helfen, ruhiger zu werden, ganz ohne Druck, dafür mit viel Liebe und Freundlichkeit dir selbst gegenüber.
Erkenne, was da gerade passiert
Wenn die Gedanken immer wieder um Schuld und Schmerz kreisen, sag dir immer wieder: „Mein Gehirn will mich gerade schützen.“ Allein dieses Verständnis verändert schon ein bisschen etwas.
Gib den guten Momenten mehr Raum
Dein Kopf speichert das Schlimme automatisch, das Schöne muss man seinem Gehirn immer und immer wieder bewusst machen. Erinnere dich daher regelmäßig an eines der vielen schönen Dingen der gemeinsamen Zeit mit deinem Liebling. Bleib ein paar Minuten bei einem warmen Gefühl, einem gemeinsamen Erlebnis, einem vertrauten Geruch oder Geräusch. Diese kleinen Pausen sind wie ein Glückstraining für dein Gehirn.
Noch wirksamer ist es, diese wunderbaren Erinnerungen per Hand aufzuschreiben. In meinem Erinnerungsbuch „Weil du in meinem Herzen weiterlebst“ findest du einen liebevollen Ort für all deine Gedanken und Gefühle sowie für Fotos, Schnurrhaare und Pfotenabdrücke.
Sprich freundlich mit dir
Rede – laut oder in Gedanken – so geduldig und liebevoll mit dir, wie du mit deinem Tier gesprochen hast. Viel zu oft sind wir viel zu hart und streng mit uns selbst. Hilfreich ist auch, dir immer wieder die Frage zu stellen: Würde ich so mit einer lieben Freundin sprechen? (Vermutlich nicht.)
Signalisiere damit deinem Gehirn: alles wird gut, du kannst den Schmerz loslassen. Ich passe auf mich auf.
Schreibe täglich einen Satz auf, der dir Kraft gibt
Unser Gehirn liebt Routinen und je einfacher etwas ist, desto besser kann es das aufnehmen. Unser Gehirn ist nämlich in Wahrheit ein Faulpelz und wenn es merkt, dass da etwas oft gedacht und gesagt wird, denkt es sich: Oh gut, das merke ich mir und denke ich jetzt öfter.
So ein Satz könnte zum Beispiel sein: „Ich bin für mich da und schaffe das.“ oder „Ich vertraue darauf, dass mein Liebling und ich für immer verbunden sind.“
Lies ihn dir laut vor, wiederhole ihn immer und immer wieder. Das hilft deinem Gehirn, neue Wege zu bauen, die dich stärken.
Hoffnung wirkt wirklich
Vielleicht denkst du, so kleine Dinge helfen wenig. Aber genau das ist der Weg: Dein Gehirn kann sich mit jedem liebevollen Gedanken ein Stück verändern, „umlernen“. Die Wissenschaft nennt das die „Neuroplastizität unseres Gehirns“.
Mit kleinen, liebevollen Übungen entsteht so Schritt für Schritt ein neuer, hoffnungsvoller Weg durch die Trauer.
Jedes Mal, wenn du dich entscheidest, dich nicht zu verurteilen oder dich nicht noch mehr an den Schmerz zu klammern, sondern ihn wahrzunehmen und ihm etwas Schönes an die Seite zu stellen, beginnt Heilung.
Wenn du dir mehr Unterstützung wie diese wünschst, findest du in meinem Buch „Weil jede Trauer Liebe ist“ viele einfache und dabei so wirkungsvolle Impulsen und Übungen. Und wenn du von mir perönlich durch diese Zeit der Trauer begleitet werden möchtest, schau dir gerne mein Online-Trauerprogramm „Pfotentrauerreise“ an.
Schritt für Schritt, denn Trauer ist kein Sprint
Du musst und kannst dein Gehirn nicht über Nacht umprogrammieren.
Aber du kannst ihm zeigen: Es gibt AUCH so viel Wunderschönes, Helles und Heilsames, das du aus der Zeit mit deinem Liebling mitnehmen durftest. So vieles hast du von ihm gelernt und das schenkt dir auch jetzt Kraft. Darauf darfst du vertrauen.
Du und deine Trauer seid kein Problem, das gelöst werden muss. Du bist ein Mensch, der liebt. Und dessen Herz langsam lernt, sich wieder glücklich zu fühlen.
Schreibimpuls: Und gleichzeitig weiß ich …
⏰ Nimm dir 15 Minuten Zeit
🛋️ Mach es dir gemütlich und schau, dass du ungestört bist
😮💨 Atme drei Mal tief ein und aus
📝 Greif dann zu Stift und Papier und schreib auf, welche schmerzhaften Gedanken gerade am lautesten sind, wenn du an dein Tier denkst.
Lies sie dann und ergänze bei jedem:
„Und gleichzeitig weiß ich …“
Zum Beispiel:
„Ich vermisse dich so sehr. Und gleichzeitig weiß ich, dass du in mir weiterlebst.“
Oder
„Ich wünschte, ich hätte mehr getan. Und gleichzeitig weiß ich, dass du wusstest, wie sehr ich dich liebe.“
So entstehen mit der Zeit neue, dich in Liebe stärkende Wege in deinem Kopf, dein Gehirn beginnt sich wieder sicher zu fühlen und kann den Schmerz nach und nach loslassen.
Alles Liebe 🫶
Claudia






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