Letzten Sonntag hatte ich einen Newsletter von Barbara Pachl-Eberhart in meinem Postfach, der mich sofort gefesselt hat. Barbara hat vor längerer Zeit ihren Mann und ihre beiden kleinen Kinder bei einem Autounfall verloren und ihre Erfahrungen in einigen Büchern verarbeitet. Ihre Bücher haben mir damals in meiner Trauer um Mucki unglaublich geholfen, denn es gab damals nichts Vergleichbares wenn ein geliebtes Tier stirbt. Das war übrigens mit ein Grund warum ich mein Buch „Weil jede Trauer Liebe ist. Dein Begleiter, wenn das geliebte Haustier stirbt“ geschrieben habe. Ich mag ihren heilsamen Zugang zum Thema Trauer sehr und er spielt auch in meinem Buch eine große Rolle. Hier kannst du einen Blick in mein Buch werfen. Das Thema, bei dem ich in ihrem Newsletter hängen geblieben bin, war, wie wir schmerzvolle Erinnerungen so abspeichern können, dass sie uns nicht ständig belasten. Und nachdem ich in der Facebook Gruppe immer wieder lese, wie schwer das auch für euch oft ist, gibt´s heute dieses Seelenfutter dazu.
Warum schmerzvolle Erinnerungen sich oft so „lebendig“ anfühlen
Erinnerungen sind zum einen unser größter Schatz, aber auch ein großer Teil der Trauer. Wege zu finden, wie wir schmerzvolle Erinnerungen so abspeichern können, dass sie uns irgendwann Frieden schenken, ist also unglaublich wichtig und heilsam.
Es geht nicht darum, diese Erinnerungen komplett zu vergessen. Vielmehr sollen sie wie in einem „Erinnerungsarchiv“ abgelegt werden – als Teil unserer Geschichte, aber so, dass sie nicht mehr ständig an die Oberfläche schwappen und uns wellengleich mitreißen.
Forscher haben herausgefunden, dass unser Gehirn schmerzvolle oder traumatische Erinnerungen anders speichert als normale Erlebnisse. Traumatische Erinnerungen werden in einem Bereich abgelegt, der eher das „Hier und Jetzt“ verarbeitet, nicht die Vergangenheit. Das bedeutet, dass sich diese Erinnerungen immer wieder wie neu anfühlen. Ein kleiner Auslöser reicht, und schon ist man emotional zurück in diesem Moment. Du kennst das sicher auch.
Das belastet uns oft sehr, gerade bei schweren Schicksalsschlägen und Erfahrungen. Der Verlust eines geliebten Tieres kann sich durch solche „immer gegenwärtigen“ Erinnerungen wie eine offene Wunde anfühlen, die niemals zu heilen scheint. Aber es gibt Wege, diese Erinnerungen liebevoll der Vergangenheit zurückzugeben. Sie werden natürlich immer Teil unserer Geschichte sein, verlieren aber nach und nach die Macht über unsere Gegenwart.
Warum Schreiben dir dabei hilft, schmerzvolle Erinnerungen „umzuspeichern“
Ich sage immer gerne: Schreiben ist ein bisschen wie zaubern können. Aber auch Forschungen zeigen, dass Schreiben hilft, Erinnerungen zu sortieren und emotionalen Aufruhr zu beruhigen. Wenn wir aufschreiben, was wir erlebt haben, bringen wir die Erinnerungen in eine Form, die wir besser verstehen und verarbeiten können. Schreiben hilft, Erinnerungen aus dem „Alarmbereich“ des Gehirns zu holen und ihnen einen ruhigeren Platz im Erinnerungsarchiv zu geben, wo sie uns nicht ständig belasten. Barbara formuliert das sehr schön mit „es war – und es ist vorbei“ und meint damit das traumatische Erlebnis, also in unserem Fall etwa den Moment des Erlösens, einen Unfall oder den plötzlichen, unerwarteten Tod.
Wenn wir uns an Situationen erinnern, vermischen wir oft die momentane Situation mit der ursprünglichen Erinnerung.
Was ich damit meine, erklärt vielleicht dieses – sehr zugespitzte – Beispiel:
Wenn ich im Herbst mit meinem Hund auf dem Sofa sitze und jemandem von meinem alten Kater erzähle, der immer zu mir kam, wenn ich ein Buch las, könnte ich mich das nächste Mal vielleicht “erinnern”, dass mein Kater es geliebt hat, mit mir auf dem Sofa zu kuscheln, wenn es draußen kühl war und dass er dabei immer geschnurrt hat.
Das geschieht, weil die aktuelle Situation mit meinem Hund diese Erinnerung beeinflusst. So vermischen sich die reale Erinnerung an den Kater und die jetzige Situation mit dem Hund zu einem neuen Gedächtnisbild.
Das heilsame Erinnern und „Umspeichern“
Wenn ich in einer Umgebung, in der ich mich sicher fühle, mit einem Menschen, dem ich vertraue über meine schmerzhaften Erinnerungen spreche, verweben sich das gute Gefühl der Gesprächs-Situation mit den erlebten schrecklichen Erlebnissen.
Eventuell ist dir das schon einmal aufgefallen, wenn du in der Pfotentrauer🐾 Facebook-Gruppe Belastendes gepostet hast und von so vielen lieben Menschen „aufgefangen“ wurdest. Vielleicht magst du nächstes Mal bewusst darauf achten, was das für ein Gefühl bei dir auslöst.
Das nächste Erinnerung an den traumatischen Moment ist dann zwar natürlich noch immer schmerzhaft, aber es beginnt, sich etwas zu verändern. Zuerst vielleicht unmerklich, aber nach und nach wirst du einen Unterschied bemerken.
Menschen, die um ihr geliebtes Haustier trauern, haben allerdings oft nicht die Möglichkeit dieser heilsamen Gespräche. Ganz im Gegenteil. Oft bringen diese Situationen noch mehr Verletzungen mit sich und der gegenteilige Efffekt tritt ein: alles wird noch schmerzhafter.
Und hier kommt wieder das Schreiben ins Spiel.
Schreiben ist so viel mehr als nur „Aufschreiben“
Es ist ein bisschen, als ob wir ein Kapitel unserer Geschichte abschließen, das wir uns in Ruhe ansehen können, wann immer wir bereit sind – und in Situationen sowie Orten, an denen wir uns wohlfühlen. Ich habe damals fast nie zu Hause geschrieben, sondern meist in meinem Lieblingscafé, manchmal sogar am Berg. So konnte ich nach und nach die Erinnerungen an Mucki so bewahren, dass sie mir nun tiefen Frieden und ja, ein Gefühl des Glücks und der Dankbarkeit im Herzen schenken.
Erinnerungen als liebevoller Schatz
Das Schreiben über einen Verlust kann unglaublich heilsam sein. Es erlaubt uns, Erinnerungen in eine Form zu bringen, die wir gut bewahren können, ohne dass sie uns ständig belasten. Die Erinnerungen werden zu einem Schatz, der uns an die schöne Zeit erinnert und uns Frieden schenkt. Das hilft dabei, uns an und in Liebe erinnern und gleichzeitig nach vorne zu schauen.
Schreibimpuls: „Schmerzvolle Erinnerungen liebevoll ins Archiv legen“
Diese Übung unterstützt dich dabei, eine schwere Erinnerung im Erinnerungsarchiv abzuspeichern. Nimm dir für diese Übung ein bisschen mehr Zeit und mach sie in deinem eigenen Tempo. Es ist normal, dass Gefühle hochkommen, sei dabei liebevoll und geduldig mit dir selbst.
☕️ Schaffe dir einen Wohlfühlort
Wähle einen Ort, an dem du dich geborgen und wohlfühlst. Vielleicht ein Café, einen anderen Lieblingsplatz oder draußen an einem ruhigen Ort. Es kann auch helfen, eine Kerze anzuzünden, eine weiche Decke um dich zu legen oder Musik zu hören, die dir gut tut. Die angenehme Umgebung soll dich stärken und dir Sicherheit geben.
💫 Die Erinnerung in die Gegenwart holen
Schließe die Augen und atme ein paar Mal tief durch. Denke nun an eine schwere Erinnerung, die du mit dem Verlust deines Lieblings verbindest. Lasse dir bewusst Zeit und nimm dabei die positive, schöne Wohlfühlumgebung wahr, in der du dich gerade befindest.
✍️ Die Erinnerung aufschreiben
Beginne, die Erinnerung so aufzuschreiben, wie sie für dich am intensivsten war. Schreibe in der Vergangenheitsform und spüre immer wieder in das wohltuende Gefühl der Umgebung hinein. Der Wohlfühlort um dich herum gibt dir dabei Halt.
🕊️ Die Erinnerung friedvoll abschließen
Nachdem du die Erinnerung zu Papier gebracht hast, halte kurz inne und nimm deine Wohlfühlumgebung mit allen Sinnen wahr – etwa den duftenden Kaffee, wie kuschelig sich die Decke an deine Schultern schmiegt oder lausche mit geschlossenen Augen ein paar Takten deiner Lieblingsmusik.
Wenn du magst, schreibe nun einen kleinen Satz als Abschluss, der die Erinnerung in dieser sicheren, ruhigen Umgebung verankert, zum Beispiel:
„Diese Erinnerung ist Teil meiner Geschichte, aber sie darf nun ruhen.“
Lege das Geschrieben zur Seite und atme tief aus.
Durch das Verweben der schmerzhaften Erinnerung mit der sicheren Umgebung unterstützt dieser Impuls das Gehirn dabei, deine Emotionen zu beruhigen und diese Erinnerung langfristig im Erinnerungsarchiv zu speichern. Sie findet dort Platz, zwischen all den Tausenden schönen, wärmenden Erinnerungen, die uns mit unserem Liebling verbinden und überlagert diese nicht mehr ständig.
Alles Liebe 🫶
Claudia
PS.: Mehr über die heilsame Kraft des Schreibens kannst du im Beitrag „Schreib dich aus der Trauer“ nachlesen.
0 Kommentare