Trauer um ein Tier: Was Schuldgefühle mit deiner Kindheit zu tun haben können

Immer wieder bekomme ich Nachrichten von trauernden Menschen, die sich zusammengefasst um das Thema „Schuldgefühle und Vertrauen“ – oder besser gesagt, das fehlende Vertrauen in sich selbst – drehen. Besonders oft fragen sich diese Menschen: Habe ich wirklich alles richtig gemacht? Habe ich mein Tier vielleicht zu früh gehen gelassen zu haben? Und das, obwohl […]
Auf dem Bild sieht man einen weißen Hundewelpen als Symbol dafür, was Schuldgefühle in der Trauer mit der Kindheit zu tun haben können

Immer wieder bekomme ich Nachrichten von trauernden Menschen, die sich zusammengefasst um das Thema „Schuldgefühle und Vertrauen“ – oder besser gesagt, das fehlende Vertrauen in sich selbst – drehen. Besonders oft fragen sich diese Menschen: Habe ich wirklich alles richtig gemacht? Habe ich mein Tier vielleicht zu früh gehen gelassen zu haben? Und das, obwohl alles mit dem Tierarzt abgesprochen wurde, obwohl das Tier alt und leider auch krank war, obwohl es kaum noch Lebensqualität hatte. Oft bleibt da diese bohrende Unsicherheit: „Habe ich zu schnell aufgegeben?“ Und vor allem: „Kann ich meinem eigenen Gefühl überhaupt trauen?“ Genau da berühren sich die beiden Themen Schuldgefühle und Vertrauen in sich selbst. Viele trauernde Menschen kennen diesen einen Gedanken nur zu gut: „Ich hätte mehr tun müssen.“ Meist steckt dahinter nicht ein objektives Versäumnis, sondern ein tief sitzender Zweifel an sich selbst. Und wenn ich dann genauer nachfrage, haben in der Trauer um ein Tier Schuldgefühle ihren Ursprung sehr oft in der eigenen Kindheit. Ich weiß, wovon ich spreche, und darum wird das heute in gewisser Weise wieder ein sehr persönlicher Blogbeitrag.

 

Was in der Trauer um dein Tier Schuldgefühle und mangelndes Vertrauen in dich selbst mit der Kindheit zu tun haben können

Menschen, die sich mit dem Thema Schuldgefühle in der Trauer um ihr geliebtes Tier besonders schwer tun, haben oft schon früh gelernt: Mein Gefühl zählt nicht. Oder: Ich darf mir nicht trauen. Vielleicht gab es nie ein echtes Gegenüber, das dich liebevoll darin bestärkt hat: „Du bist gut so, wie du bist.“ Vielleicht wurde Kritik laut, wo eigentlich Mitgefühl gefragt gewesen wäre. Und vielleicht war alles, was du getan hast und wer du warst, ein bisschen zu viel und gleichzeitig nie genug.

 

Wenn man früh gelernt hat, sich selbst zu hinterfragen, zu funktionieren, ständig für die Emotionen anderer verantwortlich gemacht zu werden, dann ist der spätere Abschied von einem geliebten Tier nicht nur ein großer Verlust, sondern fühlt sich auch wie eine Prüfung an. Nur, dass man sie diesmal nicht bestehen kann. Der Tod gewinnt am Ende immer.

 

Wie die Trauer Muster und Prägungen sichtbar machen kann

Wenn ein geliebtes Tier stirbt, ist das nicht nur ein Bruch im Außen, sondern erschüttert einen auch im tiefsten Inneren. In Zeiten dieser emotionalen Verwundetheit kommen manchmal Gefühle an die Oberfläche, die man lange gut versteckt hat. Am meisten vor sich selbst. 

 

Zweifel, Schuldgefühle, Überforderung und ein Gefühl von Unzulänglichkeit – der alte Reflex, sich selbst infrage zu stellen. 

 

Meist hat man es so verinnerlicht, denn es war oft sicherer, an sich selbst zu zweifeln, als das Verhalten anderer infrage zu stellen. Wer als Kind immer wieder erlebt hat, dass die eigenen Gefühle ignoriert, abgewertet oder ins Lächerliche gezogen wurden, entwickelt nicht selten eine Art inneres Misstrauen gegen die eigene Wahrnehmung. Dann wird aus dem ganz realen Schmerz über den Tod eines Tieres schnell eine Art Beweisführung gegen sich selbst.

Plötzlich steht nicht mehr im Vordergrund, dass man Abschied nehmen musste, sondern ob man alles richtig gemacht hat, so als gäbe es dafür eine objektive Wahrheit. (Die gibt es nicht.) Unter diesem Drang, alles perfekt zu machen, steckt oft ein sehr altes Bedürfnis: endlich nicht mehr „schuld“ zu sein, sondern gesehen zu werden als ein Mensch, der sein Bestes gibt.

Selbst wenn andere sagen, dass wir nichts falsch gemacht haben, kann das Herz das oft nicht glauben. Der Grund ist, dass unser innerer Maßstab ein anderer ist. Denn ein Teil in uns ist schon so lange daran gewöhnt, sich ständig zu rechtfertigen. Dann fühlt sich selbst der liebevollste Trost gelogen an und ein vertrauter Gedanke meldet sich lautstark zu Wort: Ich habe es nicht gut genug gemacht. Ich bin nicht genug. In der Trauer um ein Tier liegt die Wurzel der  Schuldgefühle oft in diesen Prägungen aus der Kindheit.

Aber heute bist du nicht mehr das Kind von damals. Heute kannst du hinspüren und prüfen, ob das, was sich so vertraut anfühlt, wirklich wahr ist.

(Spoiler: ist es nicht.)

 

Ein Glaubenssatz ist nur ein Gedanke, den du schon sehr lange denkst

Dieser Satz von Byron Katie, die mit „The Work“ weltweit dafür bekannt wurde, festgefahrene Gedanken aufzulösen, erinnert mich immer wieder daran, dass ICH es in der Hand habe, wie ich mit dem umgehe, was mir so lange als „Wahrheit“ präsentiert wurde und irgendwann in meiner Kindheit begonnen habe, selbst zu glauben.

Wenn du also merkst, dass dich bestimmte Gedanken festhalten, wie „Ich bin schuld“, „Ich hätte mehr tun müssen“, „Ich habe versagt“, dann darfst du ihnen gegenüber eine gewisse Distanz einnehmen.

Denn nicht jeder Gedanke ist eine Wahrheit. Ein Gedanke ist erstmal nur ein Satz in deinem Kopf. 

 

Nochmals: Ein Gedanke ist erstmal nur ein Satz in deinem Kopf.

 

Manche sind alte Muster, die sich als innere Stimme getarnt haben. Sie stammen oft aus einer Zeit, in der dir als Kind instinktiv klar war: ich muss das so machen, alleine kann ich nicht überleben. 

Diese – oft selbstzerstörerischen – Gedanken sind also kein Versagen, sondern oft eine frühkindliche Prägung. 

 

Aber du darfst dich heute neu entscheiden, was du über dich denken willst.

 

Ich weiß, das klingt leichter als es ist. Aber es ist einer der wichtigsten Schlüssel für ein Leben, das nicht mehr von den Zuschreibungen anderer, sondern von dir selbst bestimmt und gestaltet wird, denn: 

 

„Ein Gedanke ist harmlos solange wir ihn nicht glauben. Nicht der Gedanke selbst verursacht Leid, sondern dass wir so sehr an ihm festhalten.“

Byron Katie

 

Worauf du in akuten Situationen zurückgreifen kannst

In Momenten, wo der innere Druck und der Schmerz zu groß werden, hilft es oft, sich auf ganz einfache Dinge zu besinnen. Es geht dabei nicht um „positiv denken“. Es geht darum, dir und deinem inneren Kind Halt, Liebe und Zuversicht zu geben.

 

Hier ein paar kleine Ideen, die dir helfen können. Schau mal, was sich für dich am stimmigsten anfühlt. 

😮‍💨 Atme bewusst. Drei tiefe Atemzüge, langsam und mit deiner Aufmerksamkeit ganz bei dir. Lege dabei gerne auch die Hände auf dein Herz. Schenke deinem inneren Kind Schutz und Liebe.

💕 Lenke deine Gedanken bewusst auf das, was du deinem Tier Zeit seines Lebens gegeben hast: Liebe, Nähe, Streicheleinheiten, das Lieblings-Leckerli, Spaß beim Spielen und noch so viel mehr. 

🐾 Schreib dir selbst einen Satz voller Liebe und Dankbarkeit auf, den dein Tier dir gesagt hätte, wenn es sprechen könnte.

 🌟 Erinnere dich an eine Situation, in der du dich selbst als zuverlässig erlebt hast. Tauche tief ein in diesen Moment und halte dieses Gefühl fest.  

💪 Such dir einen Satz, der dich stärkt. Zum Beispiel: „Ich darf traurig sein, ohne mich schuldig zu fühlen.“ Oder: „Ich habe mein Bestes gegeben.“  Oder: „Ich habe aus Liebe entschieden.“ Schreib ihn auf und lies ihn dir immer wieder laut vor.

All das löst natürlich nicht „das große Ganze“. Aber es sind kleine Schritte zurück zu dir und einem neuen Denken über dich selbst. Und um nochmals auf den Satz „Ein Glaubenssatz ist nur ein Gedanke, den du schon sehr lange denkst.“ von Byron Katie zurückzukommen: Wenn wir wollen, können wir unsere Glaubenssätze ändern. Immer, und ganz gleich, was andere uns über uns glauben lassen wollen. 

 

Wenn du möchtest, gehen wir diesen Weg gemeinsam 

Vielleicht wünschst du dir dafür ein bisschen mehr Begleitung. In meinem Buch „Weil jede Trauer Liebe ist“ findest du viele Impulse, die dir helfen können, alte Gedanken zu hinterfragen und neue, hilfreiche Überzeugungen zu entwickeln. Es geht nicht darum, den Schmerz, das Vermissen oder auch Schuldgefühle wegzudrücken sondern darum, deinem Gehirn neue Wege anzubieten, denn unser Gehirn ist formbar. Diese Fähigkeit nennt man Neuroplastizität und sie ist der Schlüssel dafür, dass Veränderung überhaupt möglich ist.

Manchmal brauchen wir dafür nur einen kleinen Anstoß, einen Gedanken, der uns in Bewegung bringt. Und manchmal ist der Tod eines geliebten Tieres genau dieser Moment, in dem etwas in uns fühlt: Jetzt reicht’s. Ich will etwas ändern.

Wenn du diesen Weg nicht ganz allein gehen möchtest, dann ist vielleicht meine „Pfotentrauerreise“ etwas für dich. In acht Wochen begleite ich dich online Schritt für Schritt mit Schreiben, Reflexion, einem sicheren Raum für deine Gefühle in kleinen Gruppen-Live-Calls und in liebevoller Verbundenheit zu deinem Tier.

Denn auch wenn der Tod im Moment so sehr schmerzt, die Liebe bleibt für immer. Und vielleicht ist genau das das größte Geschenk, das uns unsere Tiere hinterlassen, indem sie uns darin bestärken: „Mach dein Leben zu deinem.“

Und natürlich habe ich auch heute wieder einen kleinen Schreibimpuls für dich. 

 

Schreibimpuls: Ich vertraue mir …

Was, wenn du dir heute einen Moment lang so vertrauen würdest, wie dein Tier dir vertraut hat?

Vielleicht hat dir nie jemand beigebracht, dir selbst zu vertrauen, deinen Gefühlen, deinem Gespür, deiner Art, die Welt zu sehen.

Aber dein Tier hat es dir immer wieder gezeigt: In seinem Blick, seiner Nähe und wie es auf dich reagiert hat. 

⏰ Nimm dir 15 Minuten Zeit

🛋️ Mach es dir gemütlich und schau, dass du ungestört bist

😮‍💨 Atme drei Mal tief ein und aus

🐾 Denk nun an dein geliebtes Tier und hol dir eine Situation in Erinnerung, in der es dir ganz klar gezeigt hat: Ich vertraue dir.

Vielleicht war es beim Einschlafen an deiner Seite oder wenn es dich angeschaut hat, bevor es losgegangen ist zu einem Ausflug oder zum Spielen.
Bleib einen Moment bei diesem inneren Bild, dann öffne die Augen und beginne zu schreiben.

Du kannst mit einem dieser Sätze beginnen, wenn du möchtest:

💓 Ich erinnere mich an einen Moment, in dem mein Tier mir gezeigt hat, dass es mir vertraut …

💓 Wenn ich mich mit den Augen meines Tieres betrachte, dann … 

Lass die Worte aufs Papier fließen, bleib bei dem Gefühl des Vertrauens, das dein Tier dir geschenkt hat. 

 

Lies dir dann durch, was du geschrieben hast und unterstreiche, was dich besonders berührt.

Was davon möchtest du dir mitnehmen? Fasse es abschließend in einen „Satz des Vertrauens“. 

 

Alles Liebe 🫶

Claudia 

 

PS.: Ich überlege seit einiger Zeit, mich dem Thema „Trauer um ein Tier – was Schuldgefühle mit deiner Kindheit zu tun haben können“ näher anzunehmen. Schreib mir also gerne an claudia@pfotentrauer.com wenn du ähnliche Erfahrungen gemacht hast.

Als ausgebildeter „Deep Journaling Instructor“ beschäftige ich mich seit Jahren mit der heilsamen Kraft des Schreibens. Wenn ich in einer schwierigen Lage bin, greife ich zu Stift und Papier und bin immer wieder begeistert, was sich durch Schreiben alles lösen lässt. Im Jänner 2023 musst ich nach über 16 Jahren meinen Seelenkater Mucki gehen lassen. Da habe ich beschlossen, aus meiner persönlichen Erfahrung des Trauerns und der heilsamen Kraft des Schreibens ein Programm zu entwickeln. Damit möchte ich Menschen in dieser Ausnahmesituation helfen, ihre Trauerreise so einzigartig und persönlich zu gestalten, wie das Leben mit ihrem Seelentier war.

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