Neulich hatte ich ein Gespräch mit einer lieben Freundin darüber, was es heißt, sich in der Trauer um sein Tier anderen Menschen zuzumuten und sich den Raum für seine Gefühle zu nehmen. Was hier geschrieben so leicht klingt, ist im echten Leben allerdings oft eine Hürde. Kurz bevor ich Mucki gehen lassen musste, erhielt ein Mensch in meinem nahen Umfeld eine schlimme Diagnose. Plötzlich war ich umgeben von so viel Sorge, so viel Angst – und ich habe meine eigenen Gefühle hinten angestellt. Ich wollte meiner Familie meinen Schmerz nicht „zumuten“. Schließlich gab es Wichtigeres, oder? Aber was als vermeintliche Rücksichtnahme begann, wurde schnell zu einer inneren Mauer. Ich schob meine Trauer so weit weg, dass ich mich irgendwann selbst nicht mehr getraut habe, sie zu zeigen. Und ich weiß, dass ich nicht die Einzige bin. Immer wieder lese ich in der Pfotentrauer-Community von Menschen, die das Gleiche erleben: das Gefühl, dass ihre Trauer nicht wichtig genug ist, dass sie niemanden belasten wollen. Dazu kommt, dass es in der Gesellschaft wenig Verständnis für den Verlust eines geliebten Haustiers gibt. Darum möchte ich dir heute sagen: Deine Trauer verdient Raum. Du darfst dich zumuten.
Gefühle artikulieren: Warum es wichtig ist, sich in der Trauer um dein Tier mitzuteilen
Trauer ist nichts, das man hinter verschlossenen Türen aufbewahren muss. Im Gegenteil: Die Trauerforschung zeigt, dass es enorm wichtig ist, Gefühle zu benennen und sie mit anderen zu teilen. Wer trauert, braucht ein Gegenüber. Man braucht Menschen, die zuhören, aushalten und unterstützen. Das bedeutet nicht, dass wir uns in jeder Situation öffnen müssen. Aber wenn wir unsere Trauer ständig verschweigen, nehmen wir uns die Möglichkeit, unser gebrochenes Herz zu heilen. Worte schaffen Verbindung zwischen Menschen und helfen, das den schweren Verlust einzuordnen. Wer über seine Trauer spricht, gibt sich selbst Raum – und das ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg, sie zu verarbeiten.
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Du darfst dich in der Trauer um dein geliebtes Tier zumuten
Viel zu oft sorgen wir uns darüber, was andere über uns denken könnten. Wir haben Angst, sie mit unserer Schwere zu belasten, und ziehen uns zurück. Doch die Wahrheit ist: Deine Trauer ist wichtig. Sie ist ein Teil von dir, und du hast das Recht, sie zu zeigen – in all ihren Facetten. Trauer ist nicht nur leise und traurig, sondern manchmal auch laut, wütend und chaotisch. Und das ist in Ordnung. Wenn du dich mit all deinen Emotionen den Menschen in deinem Leben zumutest, gibst du ihnen die Möglichkeit, dich in deiner Ganzheit zu sehen.
Auch wenn nicht jeder deinen Schmerz nachvollziehen kann, musst du dich nicht kleiner machen, um anderen das Leben leichter zu machen.
Selbstfürsorge bedeutet, sich mitzuteilen
Ein zentraler Aspekt der Selbstfürsorge in der Trauer ist es, sich nicht in den Schmerz zurückzuziehen wie in ein Schneckenhaus. Du musst dein Leid nicht alleine tragen. Der Wunsch, niemanden zu belasten, ist verständlich, doch er führt oft dazu, dass wir uns selbst überfordern. Sich mitzuteilen ist ein Akt der Selbstliebe und ja, das ist nicht immer einfach. Es braucht Mut, sich zu öffnen, vor allem, wenn man Ablehnung oder Unverständnis erlebt hat. Doch gerade hier ist es wichtig, sich die richtigen Menschen zu suchen, die deine Trauer ernst nehmen und dir den Raum geben, den du brauchst.
Als ich 2023 gemerkt habe, dass die unterdrückte Trauer mich von innen zu zerstören drohte, hab ich die Notbremse gezogen. Ich habe Grenzen gesetzt, mich zugemutet und mir den Raum genommen, den ich gebraucht habe. Ja, ich habe dabei Menschen verloren. Ich habe Unverständnis, Ablehnung und Zurückweisung erfahren.
Meiner Resilienz und der tiefen Verbundenheit zu Mucki habe ich es zu verdanken, dass es nicht nur das Ende von etwas war, sondern auch der Anfang von Pfotentrauer, der Community, meinem Online-Trauerprogramm „Pfotentrauerreise“ und zu guter Letzt meinem Buch „Weil jede Trauer Liebe ist“.
Auch deine Wut und Enttäuschung dürfen sein
Neben der Traurigkeit gehören meist auch Wut und Enttäuschung zur Trauer. Vielleicht wurdest du schon mit Sätzen wie „Es war doch nur ein Tier“ oder „Du solltest langsam weitermachen“ konfrontiert. Das tut weh und du darfst das zeigen. Es ist wichtig, klar zu sagen, dass dich solche Worte verletzen. Ja, Menschen, die noch nie ein Tier geliebt haben, wissen es oft einfach nicht besser. Doch du hast das Recht, deine Grenzen zu setzen und deine Gefühle auszudrücken, ohne dich dafür zu entschuldigen.
Oft fühlen sich Trauernde aber auch „grundlos“ wütend, beziehungsweise fällt es ihnen schwer, die Wut zuzuordnen. Diese Wut entsteht meist aus einem Gefühl der Überforderung und Hilflosigkeit heraus und ist völlig normal.
„Lange saß ich mit meiner Wut. Bis sie mir sagte, ihr wahrer Name sei Trauer.“
Unbekannt
Was du dir selbst in der Trauer um dein Tier nicht zumuten musst
In der Trauer ist es genauso wichtig, Grenzen zu setzen. Das darfst du sowohl gegenüber anderen als auch gegenüber dir selbst. Du musst nicht die Erwartungen anderer erfüllen. Es ist in Ordnung, Aufgaben zu reduzieren, soziale Verpflichtungen abzusagen oder dich aus belastenden Gesprächen zurückzuziehen. Selbstfürsorge bedeutet auch, sich zu erlauben, nicht immer „funktionieren“ zu müssen. Die Zeit der Trauer ist eine Phase, in der deine eigenen Bedürfnisse Vorrang haben. Höre auf dein Herz und tue das, was dir guttut und nicht das, was andere von dir erwarten.
Es ist zudem wichtig zu wissen, dass es keine per se „negativen“ Gefühle gibt. Du musst dir in der Trauer um dein Tier auch nicht zumuten, sie mit aller Kraft zu unterdrücken oder ihnen auszuweichen. Ganz im Gegenteil. Auf sie zu hören, ihnen Raum zu geben ist ein wichtiger Schlüssel, um deine Trauer verarbeiten zu können und ja, gestärkt aus ihr hervorzugehen.
„Gefühle wie Trauer, Wut, Angst oder Scham sind keine „negativen“ Emotionen, sondern wichtige Signale, die uns Einblicke in unsere Werte und Bedürfnisse geben und persönliches Wachstum ermöglichen.“
Stefanie Stahl, Psychologin
Schreibimpuls: Die Schatztruhe meiner Gefühle
Wenn man seine Gefühle immer wieder unterdrückt, kann es anfangs schwerfallen, ihnen wieder Raum zu geben. Hier hilft es, sich ihnen zuerst schreibend zu wieder anzunähern, bevor man sie anderen Menschen zumutet. Denn ja, dazu braucht es – wie das Wort schon ahnen lässt – Mut.
Der folgende Schreibimpuls hilft dir dabei.
⏰ Schau, dass du zumindest 15 Minuten ungestört bist.
🛋️ Mache es dir bequem und schaffe eine Atmosphäre, in der du dich sicher fühlst.
😮💨 Atme drei Mal tief ein und aus, um im Moment anzukommen.
📝 Leg Stift und Papier bereit
Stelle dir nun vor, du besitzt eine wunderschöne, alte Schatztruhe.
In ihr bewahrst du all deine Gefühle auf. Welche Schätze findest du darin – und erinnere dich: es gibt keine per se „schlechten“ Gefühle, jedes Gefühl trägt einen Schatz in sich. Schreib alle Gefühle auf, die du darin siehst.
Betrachte dann deine Gefühlsschatzkiste.
Mit welchen Gefühlen möchtest du dich im Moment zeigen, welche möchtest du wieder mehr ans Licht holen? Markiere sie.
Dein persönliches Gefühls-Elfchen
Wähle nun ganz spontan EIN Gefühl aus und schreibe verfasse dazu ein Elfchen. Das ist ein kurzes Gedicht mit fünf Zeilen, das dir hilft, deine Gefühle auf den Punkt zu bringen. Es kann, aber muss sich nicht reimen.
1. Zeile: ein Wort
2. Zeile: zwei Wörter
3. Zeile: drei Wörter
4. Zeile: vier Wörter
5. Zeile: ein Wort
So könnte ein Elfchen etwa lauten:
Mutig
Stelle ich
Mich meiner Trauer
Die Liebe begleitet mich
Stärke
Lass deine Worte intuitiv fließen und nimm sie als kleine Erinnerung daran, dass du dich mit allem, was du fühlst, ernst nehmen und zeigen darfst.
Du darfst trauern, du darfst fühlen, und du darfst dich zeigen, dich in der Trauer um dein Tier zumuten, genau so, wie du bist.
Alles Liebe 🫶
Claudia
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